Martin Köck
Martin Köck

Über die Wertschätzung der bairischen Sprache

oder: was mich umtreibt ...


Alle, die aufmerksam durch das Leben gehen und dabei interessiert an dem Anteil nehmen, was täglich in unserem Umfeld passiert (sich eventuell sogar Gedanken machen über die Zukunft) und vielleicht noch Zeit haben, um manchmal in der Vergangenheit zu verweilen, werden die radikalen Veränderungen an und um uns nicht ohne Besorgnis bemerken. Der geläufige Ausdruck “Der Wandel der Zeit” wird ungut sichtbar in unserer Landschaft, spürbar im Verhalten der Menschen und hörbar in unserer Sprache.

Und um beim Letzten zu bleiben, frage ich: Wie leichtfertig und unbedenklich verschleudern
wir heute den Schatz einer schönen, über Jahrhunderte gewachsenen und gepflegten Sprache und die Kostbarkeit eines bodenständigen Dialektes? Wie leichtsinnig und gedankenlos untergraben wir dadurch einen so wertvollen Eckpfeiler unserer Kultur! Die Wertschätzung für den Dialekt ist, wie so vieles andere bei uns, inzwischen leider verloren gegangen. Da geht es jetzt nicht um die alten Ausdrücke, Begriffe und Wörter, welche heute zwangsläufig, aufgrund der großen Veränderungen unserer Lebensart und -bedingungen, natürlich vergessen werden und verschwinden. Nein, es geht um unseren ganz normalen Dialekt –  ums Reden, wie einem der Schnabel gewachsen ist!
Viele, die wir als Fremde (oder ein bissl boshaft gerne auch als “Einagschmeckte” oder “Zuagroaste”) bezeichnen, manches von dem, was sie von uns hören, anfänglich als sprachliche Grobheit empfinden. Wobei dies aber in Wirklichkeit, und bei besserem Wissen, nur die hintergründige Feinheit unseres Dialekts ausmacht. Wie sollen sie auf Anhieb auch begreifen, dass “a ganz a Scheene” nicht unbedingt die Schönste sein muss, und “da Ollagscheida” nicht wirklich den meisten Grips im Hirnkastl hat, oder gar “a varreckta Hund” mit diesen drei Wörtern eine anerkennende Belobigung erhält.

Ohne Überheblichkeit, aber schon mit gesundem Stolz, sei es erlaubt, in der Vielfalt der bayerischen Dialekte dem Altbairischen und dem Oberlandler Dialekt ein besonderes “Platzerl” zuzuweisen. Wie anders wäre es denn zu erklären, dass ein Kobell, Stieler, Thoma oder Ganghofer mit dieser Mundart einen so erfolgreichen Weg in die Herzen ihrer Leser gefunden haben.
Es wäre nicht nur schön sondern auch angebracht, wenn unsere Kleinsten schon m Kindergarten und in der Grundschule mit dieser Erfahrung aufwachsen dürften. Weil “a bisserl was” bleibt immer hängen und wird von ihnen somit sicher einmal weitergegeben.


Ohne Schriftdeutsch und einer Fremdsprache geht heute garnichts mehr. Unser Umfeld und die Arbeitswelt setzen und verlangen andere Maßstäbe. Das darf aber nicht Entschuldigung oder Grund dafür sein, dass wir unseren eigenen Dialekt verleugnen und dadurch gleichzeitig verlernen. Aus einem Schneeball wird ja ab und zu eine Lawine. Und aus “neudeutschen” Wörtern, die wir jetzt pausenlos hören müssen (weil sie so schick sind), werden bald “neudeutsche” Sätze und (um bei der Lawine zu bleiben) eine neue, ganz andere Sprache. Also, spreizen wir uns dagegen! Pflegen wir so oft und wo es nur grad geht unseren schönen Dialekt. Nicht nur dann, wenn es das Zeigen von Brauchtum verlangt, sondern einfach, weil es uns stolz macht und eine Freude ist.

 

(Artikel im "Tegernseer Tal" mit freundlicher Genehmigung des Autors Martin Köck, Rottach-Egern)

I  sog "Grüaß God"  (Martin Kern)

I sag „Griaß God“ – froh und beschwingt,

grad aussa – denk i mir!

Gibts no an Gruaß, der scheena klingt?

Weil i doch oiwei schpür,

daß so a Anred’ jedn gfreit,

egal, ob arm und reich,

ob junge oder oide Leit,

„Griaß God“ schatzt jeder gleich.

Da gibts koan Diener und koan Herrn,

koa Buckeln und koa Lüagn,

koa si Vastecka und Beschwern,

koa Foisch und koa Betrüagn.

 

A Gruaß, der grad und ehrlich kimmt,

den jedermann vasteht,

der jede Angst und Scheu oan nimmt,

und gwieß zu Herzn geht.

Mit de zwoa Wörterl, glabts a’s mir,

liegt koana je vakehrt,

is aufgmacht worn so manche Tür,

de oftmois lang vasperrt.

Drum bleibn ma unserm Grundsatz treu,

was im Lebn a kemma muaß,

bei uns klingts boarisch, frisch und frei:

„Griaß God“ bleibt unser Gruaß!